Von: Daniela Schier
Betreff: Wo sind die Frauen?
Liebe Redaktion!
Am Ende meiner zehntägigen Reise dachte ich bei einem Kaffee am großen Platz in Praia, Hauptstadt der Kapverden, an meine Reisebegegnungen. Da war Victor, der dringend Geld brauchte und sich als geprüfter Reiseführer ausgab. Er übernahm, nachdem er mich durch freundliches Insistieren überzeugen konnte, mein Nachmittagsprogramm und wir begaben uns auf die Spuren der historischen Kapverden.
Ich denke an Jair in Tarrafal: Wanderguide, Security und mit seiner Rap-Band „Bad Blood“ lokaler Held aller Jugendlichen in der Stadt. Er grüßte mich auf der Straße. Am Abend stand ich bei einem Konzert der Band schon neben seiner Mutter und seinen FreundInnen und erlebte ein Grätzlfest auf kapverdisch.
Und Emiliando in Calheta, ein junge Fischer mit dicken Rasta-Zöpfen und weißen Kopfhörern. Stolz zeigte er mir sein Boot, mit dem er frühmorgens auf den Atlantik hinausfährt. Obwohl wir keine Sprache teilten, machte uns diese Begegnung Freude.
Da kam Oswaldinho, ein Reiseführer, mit dem ich am ersten Tag geplaudert hatte. Er fragte, wie mir meine Reise durch seine Heimat gefallen hat. Ich erzählte von den vielen besonderen Menschen und bemerkte, dass es nur Männer waren, mit denen ich gesprochen habe. Wo waren die Frauen? Da fiel mir ein, wer mir mein Frühstück und abends das Bier serviert, mein Bett macht, Kokosnüsse am Strand und Obst am Markt verkauft hatte. Wirklich gesprochen habe ich mit keiner von ihnen.
Grüße, Daniela
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